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Die Katze lässt das Mausen nicht: RAPPORT

Langsam wird mir schon klar warum auch während Covid19 das professionelle Reisen noch erlaubt ist. Es ist mir einfach nicht möglich alle meine Tätigkeiten vom Bürostuhl aus oder von der Old Mill aus zu erledigen. So spülte es mich von Frankreich nach England, von der Insel nach Holland und dann durch Belgien und Luxemburg durch Frankreich wieder in die Schweiz. …. Und wieder hinaus und hinein und am Wochenende nach Italien, wo wir als Hauptsponsor unseres Sohnes seinem letzten Lauf an den Autobau Kart Schweizermeisterschaften 2020 beiwohnten.

RAPPORT

Der geneigte Leser kennt vielleicht unseren etwas eigenartigen Rapport. Mit vollem Namen PMG Rapport Forté Daimler Double Six S2 Estate. Nach dem Erwerb 2009 begannen wir seine Geschichte zu erforschen und so entdeckten wir seinen Vorgänger - den Einzigen - den Rapport Forté Jaguar V12 CONVERTIBLE. Ohne uns in Details zu verlieren, fristete er ein erbärmliches Dasein unter einer löchrigen Plane im Vorgarten eines - ehrlich! - Schaumbadverpackungssammlers.

Rapport Forte Estate


Vor zwei Jahren wurde ein englischer 3D Arbeitender wegen dem Rapport auf uns aufmerksam. Wir kamen in Kontakt und seine dringende Bitte war unseren Rapport sehen zu dürfen. Nach wortreichen Telefonaten tauchte der füllige Mann bei uns auf und stellte auch gleich sein Equipment vor, denn er wolle den Rapport scannen, damit er ihn wenigstens in 3D besitzen könne. Er kann sich nämlich noch genau an Zeit und Ort erinnern, als er 1980 im Schulbus gesessen und den Bericht über den Rapport gelesen hätte. Dies habe ihm die Augen geöffnet und seinen Wunsch zum Automobildesigner ausgelöst. Wenn er schon nicht den echten Wagen haben könne, dann wolle er wenigstens meinen scannen. Meine lakonische Antwort, dass wir den Convertible gesehen hätten, wüssten wer ihn besitze und er für kleines Geld (relativ) zu haben sei, brachte ihn völlig aus dem Häuschen und Freudenschweisstropfen bildeten sich auf seiner Stirn.

Seine detektivischen Fähigkeiten machten mich noch viele Male sprachlos: Innert Tagen fand er den Wagen, von dem wir nur noch den Namen des Besitzers wussten. Erstaunlich schnell wurde er mit dem bornierten Hüter des Rapport handelseinig, etwas was uns in keiner Art und Weise gelang, obwohl wir das von ihm verfasste Buch über Panther Cars abkauften und wir unsere tiefste Bewunderung darüber zum Ausdruck brachten. Der Kauf eines Klassikers ist immer ein Abenteuer und so erreichte mich von Stuart, dem 3D Künstler, beim Verladen ein Panikanruf. Die Heckblende fehle! Er hätte sie auf meinem Foto von 2011 gesehen, nun sei sie weg, was er tun solle. Wie ich den netten Bruno (der Eigentümer der letzten 38 Jahre) einstufte war hier nichts zu machen und er solle den Frosch schlucken. Die Energie, die in diesen "Diebstahl" gesteckt wurde ist eindrücklich. Nicht nur, dass die wirklich elaboraten Heckblenden mit Schriftzug und Reflektoren und Pseudoautonummer offensichtlich sorgfältigst mit einem Heissluftföhn abgelöst worden sind. Zur Vertuschung hatte er Aluminiumbleche zugeschnitten, diese ohne anzuschleifen mattschwarz lackiert und erst noch in völlig falscher Form zwei Rapport Forte Schriftzüge mit generischen Fonten und hässlichen Kreuzschlitzschrauben festgeschraubt. Es wäre um ein vielfaches Einfacher gewesen zu erklären, dass diese Blenden über die Jahre abgefallen und verschwunden seien. Was manchmal in so Köpfen alles abgeht! Dann hörte ich von meinem lieben Stuart nur noch hie und da von seinen neusten Forschungsergebnissen, die mehr als eindrücklich waren. Er schaffte es sogar endlich das einzige Foto - so quasi den heiligen Rapport Gral - zu finden. Die Bestätigung des Mythos; dass der Rapport Forté 1980 am GP in Brands Hatch von Mark Thatcher gefahren worden. war.

 
Von uns entdeckter Forté im 2011 mit seiner - noch - originalen Heckblende   Ein Bild zum Weinen im 2011


1980 Brands Hatch


Fast forward: Vor zwei Monaten ein Mail von Stuart, er hätte den Rapport nun völlig zerlegen lassen. Der Wiederaufbau würde monumental werden - "nein wirklich???". Covid schmälerte Stuarts Auftragsbuch mit 3D Scanning, darum sei es das Vernünftigste, den Traum aufzugeben und den Rapport zu verkaufen. Er wolle zwischen £7'500.-- und £20'000.-- fürs Projekt, "as is". Ich gestand ihm, dass ich mich gerade mit einem XJR5 ins Unglück gestürzt hätte und so weder das nötige Kleingeld noch die Ressourcen zum Kauf dieses Einzelstückes aufbringen könne und wolle. Trotzdem murrte ich, dass ich bei £ 5000.— einfach nicht nein sagen könnte. Wie aus der Kanone geschossen meinte er für £ 5'500 sei der Wagen meiner, inklusive all seiner Forschungen und der spezifischen Website www.rapport-forte.com, denn ich sei der einzig würdige Besitzer dieser Ikone. Was blieb mir anderes übrig als einzuschlagen.

Umgehend stellte sich die Frage um den Transport dieses Dinges. Man hatte die sehr schwere Carrosserie auf einen irriwitzig hohen Stahlrahmen montiert, so dass Oberkant-Fensterahmen 200cm ab Boden betrug. In seinem unverwechselbaren Eifer fand mir Stuart einen 7.5 Tonnen Mietlastwagen. Ich enttäuschte ihn mit meiner Aussage, dass ich unseren Iveco und den geschlossenen Anhänger für diesen Zweck einsetzen würde.

Und so begann die Planung eines wilden, Covid freien, Rittes durch Frankreich, England und die Benelux-Länder.

Der unglaubliche Zufall wollte es, dass uns ein Franzose anfragte, ob wir einen hinteren linken Kotflügel für einen XJ-C und andere Kleinteile hätten. In der Tat hatten wir eine solche Weltrarität an Lager, die er zum Covid Preis von nur Fr. 3800.—von uns erwarb. Wo er denn wohne, wollte ich wissen. Im Norden, in der Nähe von Caen. Ach, dort fahr ich übermorgen vorbei frohlockte ich. So kam er zu einer Gratislieferung des sperrigen Teils, die er grosszügig mit einem ganzen Karton Champagner verdanke!!

Zwei Stunden danach waren wir verschifft in Ouistreham, um schlafend den Aermelkanal zu überqueren. Als Navigator für diese Reise ernannte ich meinen 15 1/2 jährigen Neffen, der zur Strafe wegen eines Bubenstreiches zehn Tage Strafschnupperlehre zu absolvieren hatte. Brav navigierte mich der kleine 1.82 cm lange junge Mann gen Salisbury-Plains. Sein Onkel (ich) zeigte ihm noch freudig den New Forest mit seiner ganz eigenen Vegetation und der auf der Strasse rumirrenden Fauna. Weniger elegant war, dass ich mit meinem einzigartigen Orientierungssinn fast am gleichen Orte wieder auf die Umfahrungsautostrasse zurückfand wo wir sie eine Stunde zuvor verlassen hatten. Kein Problem! Wir hatten ja Zeit. Unsere Tagesaufgabe war nur schnell den Rapport zu verladen. Zwei, vielleicht drei Stunden längstens, und its done!


New Forest mit vierrädriger und vierbeiniger Fauna

Denkste: Geschlagene sechs Stunden brauchten wir um den ganzen Wusch Teile zu verladen. Schon der speziell bestellte Dreiachs-Kranwagen war ein Problem weil wir damit nicht in diese Pseudo Disney-Überbauung einfahren konnten. Meine Freude war nach dem erfolgreichen Verladen so gross, dass ich allen involvierten Parteien eine meiner neulich erarbeiteten Flaschen schenkte und den Champagnerkorken meiner Flasche knallen liess.

Noch aber mussten wir die lose Ware im Hänger sichern, kurz vor dem Einnachten konnten wir endlich losfahren.

 
Endlich elaborat ineinander verkeilt und verzurrt   Klicken Sie auf das Foto für das Video vom Verladen


Jetzt war es schon so spät, dass das Füttern meines Schnupperlehrlings zur grössten Sorge wurde. Im Slaughter Inn (sogar der englische Zöllner lachte über diesen aussergewöhnlichen Namen) angekommen gab es glücklicherweise noch ein coronasicheres Nachtessen, dann schnell ins Bett. Um 08.50 Uhr hatten wir den nächsten Termin mit einem Menschen, der einen XK 150 3.4 S OTS im Angebot hatte.

Pünktlich wartete er auf uns im Carpark und führte uns in seinem nagelneuen Volvo Geländemonster auf verschlungenen Pfaden zu einer verborgenen Halle mit vier Stellplätzen. Ein kleines bizarres Bipostowägelchen begrüsste uns hinter dem knarrenden Tor, daneben den zu explorierenden Wagen und nochmals daneben ein SCCA 914 VW Porsche. Wegen der weggeschnittenen Windschutzscheibe erinnerte er mich sofort an unseren SCCA Tribute E-Type. Eineinehalbstunden analysierten wir den Wagen, fast eine Stunde alleine wendete ich mit dem Kunden am Telefon auf. Fazit: dies muss wohl einer der allerletzten ungeschweissten, originalen noch nicht restaurierten 3.4 S OTS weltweit sein. Einfach sensationell!

 
Porsche mit SCCA Geschichte   Unser Group 44 E-Type SCCA


Der Plan war nun, meinem jungen Begleiter das reizende Bourton-on-the Water zu zeigen. Dies floppte erstmal. Gerade als wir in den malerischen Abschnitt einfuhren bog ein Austin Seven SWALLOW vor uns ein. Wir waren so fasziniert, dass wir dem emsig fahrenden Wägelchen durch Nebenstrassen und Fahrverbote bis auf den Vorplatz eines Bauernhofes folgten. Die Damen auf dem Hof waren etwas entsetzt den grossen schwarzen Iveco mit Hänger hinter ihrem kleine Wägelchen dräuen zu sehen. Ein grosser asiatisch aussehender Mann schälte sich aus dem Swallow und übergab seiner Gemahlin einen Becher frisch gebrauten Kaffee aus dem Ort. Es entwickelte sich ein Gespräch. Er fand der Austin sei der Liebling seiner Frau, er möge ihn gar nicht. Er ziehe den Vorkriegs V8 Ford Woodie vor, sie hätten nur Vorkriegswagen. Später gab er zwar zu, dass der recht neue Range Rover den Fahrten nach Andermatt diene und er wohl dieses Jahr auf seine traditionellen Familienferien im Schnee verzichten müsse. Dann bekamen wir noch zwei Flaschen selber gebrautes Bier und endlich konnte ich meinen armen Neffen zu einem heissen Tee und feinsten Chips einladen. Nach dem Spaziergang durch den malerischen Ort folgte der unvermeidliche Besuch des symphatischen Automobilmuseums.

Noch hatten wir aber eine lange Stecke zur Fähre in Harwich vor uns. Die nördliche Umfahrung um London klappte erstaunlich gut, dass ich übermütig wurde und mich noch mit einem alten Schulkollegen verabredete. Ich hatte völlig vergessen, dass Simone und ein Kunde noch auf der Plattform "Bring A Trailer" einen SS100 ersteigern wollten. Eine geschlagene Stunde waren wir zu dritt am Telefon. Simone hatte das Heft in der Hand, bzw. den Bildschirm vor sich und hörte über ihr Telefon unseren Kunden und über ihr Natel mich. So schafften wir eine archaische Konferenzschaltung. Man glaubte, dass der SS100 für maximal $ 200'000 verkauft werden würde. Die Bieterschlacht von uns, gegen drei andere dauerte fast 40 Minuten. Der Kunde wies Simone an wieviel sie zu bieten hatte, während ich mir die verschiedensten strategischen Moves überlegte, bis wir nur noch einen Gegner hatten. Das finale Gebot von uns war 313k und für 315k ging er an unseren ärgsten Widersacher.

Die Zeit mit meinem Schulkollegen aus Colchester war dann nur noch kurz, denn schon mussten wir genau berechnet aufbrechen um die Nachtfähre zu erreichen. Die Fahrt begann gut... Die schnelle A120 nach Harwich war gesperrt! Zeit fressende Umwege über Nebenstrassen meiner alten Heimat, die Zeit begann knapp zu werden, plötzlich ein besorgniserregendes Geräusch bei Leistungsabfrage an unserem sonst treuen Iveco. Turbosystem kaputt? Also fuhren wir nur noch langsam um überhaupt zum Hafen zu kommen. Dann: Barriere der Bahn unten! Schaffen wir es noch um 23.00 auf die Fähre zu kommen? Zum Glück ja. Mit Fish and Chips besiegeln wir den ereignisreichen Tag.

England at its best! Ein Swallow auf der Strasse!


Am nächsten Tag schon wieder wunderschönstes Wetter in Holland, noch schnell eine Kurbelwelle geholt bei unserem Freund Tom Zwakman und dann im Tiefflug durch Holland, Belgien, Luxemburg gen Schweiz. Mittlerweile hatte sich mein Navi-Novize gut eingelebt und so stürmen wir ohne uns zu verfahren zur A4 bei Metz. Unterwegs mussten wir uns trotz hoher Durchschnittsgeschwindigkeit eingestehen, dass es nicht reichen würde gleichentags unsere kostbare Fracht zu verzollen. Ab Metz kannte ich meinen Heimweg wieder zu 100% sicher, habe ich ihn doch schon weit über 100 Male gefahren. Der Aufgabe der Navigation entledigt, brach der Jüngling weg und schlief erschöpft ohne Unterbruch bis nach Basel. Neben den vielen LKWs fanden wir ein bescheidenes Plätzchen für unseren Express Iveco. Übrigens kam meine Iveco Vertretung Sommerhalder zum Schluss, dass nur eine Auspuffdichtung leckte. So konnten wir auf der Rückfahrt die ganzen 210 PS abrufen.

Wie Flüchtlinge stahlen wir uns mit unserem kleinen Gepäck über die grüne Grenze ins Airport Hotel in Basel. Ein Drink, ein Snack und schon lagen wir in Orpheus' Armen. Auf unserem Weg zurück am nächsten Morgen kam meinem jungen Begleiter in den Sinn, dass er den Ausweis im Auto vergessen hatte. Nervosität seinerseits. Das Verzollen gestaltete sich nach einigen Hick-Ups gut. Fragen wie: was wird das Auto wert sein wenn es fertig ist, wegen der Automobilsteuer und keine bestehende Zollnummer im Auto Markenschlüssel der Eidgenossenschaft für die Marke Rapport, meisterten wir mit Bravour, dank der grossartigen Leistung unseres Zollagenten.


Abgeladen war der Rapport dann in der Hälfte Zeit.

Nach einer Woche sieht er schon nach Auto aus